16. SONNTAG im Jahreskreis

Evangelium: nach Matthäus (13,24-30)

 

Es gibt Fragen, die Menschen sich immer wieder stellen: Warum gibt es so viel Ungerechtigkeit in dieser Welt? Warum geschieht so viel Böses? Warum scheint es Menschen, die auf nichts und niemanden Rücksicht nehmen, oft besser zu gehen als anderen? Warum greift Gott nicht ein und beseitigt das Schlimme, das in unserer Welt geschieht? Es ist nicht einfach, auf diese Fragen eine befriedigende Antwort zu finden.

Auch Jesus hat keine schnelle Antwort bereit, sondern er erzählt z.B. eine Geschichte, ein Gleichnis: „Mit dem Reich Gottes, mit der neuen Welt Gottes ist es, wie....“ Wie geht es also zu in einer Welt, in der Gott sich durchsetzt und wo Menschen in seinem Sinne handeln und leben?

Es gibt nichts und niemanden, was oder der ausnahmslos gut oder einfach nur schlecht ist. Den Idealzustand finden wir nirgendwo. Wir wollen das, was nicht gut ist, zu Recht bekämpfen. Doch wir müssen dabei aufpassen, nicht auch das Gute, das Nützliche, das Schöne zu zerstören. Wer sofort alles ausmerzen will, was schlecht und unbrauchbar erscheint, wird dabei das Kind mit dem Bade ausschütten. Gutes und Böses gehören unentwirrbar zu unserer Wirklichkeit.

Schauen wir z.B. unsere Kirche an. Was hat sie im Laufe der Jahrhunderte nicht alles falsch gemacht: Hexenprozesse, Scheiterhaufen, Ketzerverbrennungen, Kreuzzüge. Menschen wurden ausgeschlossen, weil sie theologische Meinungen vertraten, die scheinbar von der „offiziellen Lehre“ abwichen. Und all das im Namen der Wahrheit, in der festen Überzeugung, dass man das Falsche und Böse nicht dulden kann. Dadurch sind dann die vielen Kirchenspaltungen entstanden. Weil so viele in der Kirche ungerecht sind, sich danebenbenehmen, wenden sich viele von ihr ab. Aber auch sie schütten das Kind mit dem Bade aus, denn sie übersehen dabei, wieviel Gutes auch heute noch geschieht, gerade, weil es diese Kirche gibt.

Das gilt auch für jeden einzelnen Menschen. Einer hat einen groben Fehltritt gemacht, hat sich schwer schuldig gemacht. Ist er wegen dieser einen schlechten Tat auch ein schlechter Mensch? Ein Kind hat in einem Einkaufzentrum etwas mitgehen lassen. Ist dieses Kind deswegen grundsätzlich schlecht, und dürfen wir es als einen Dieb abstempeln?

Gutes und Böses sind in unserer Welt, in den Institutionen und im eigenen Leben so miteinander verflochten, dass wir das Böse nicht ausrotten können, ohne auch Gutes zu zerstören. Leute, die das Böse radikal ausrotten wollen, sind oft politische oder religiöse Fanatiker. Aber solcher Fanatismus bringt nur Hass, Verblendung, Verfolgung und Krieg.

Mit seinem Beispiel will Jesus deutlich machen: Es steht uns Menschen einfach nicht zu, andere radikal zu verurteilen. Ich kann zwar die einzelne Tat eines Menschen als schlecht verurteilen, nicht aber den ganzen Menschen. Dieses Urteil sollten wir getrost Gott überlassen. Kein Mensch ist nur gut oder nur schlecht. Jesus spricht in diesem Gleichnis von einer unendlichen Geduld Gottes mit uns. Gott zeigt Milde, Nachsicht, Barmherzigkeit. „Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte." (Mt. 5, 45).

Damit das Gute wachsen kann, muss ich bereit sein, mir selber die eigenen Grenzen einzugestehen. Nicht zuletzt kann das Gute nur wachsen, wenn ich davon ausgehe, dass auch der Mitmensch es gut mit mir meint und ich mit ihm. Immer, wenn schwarz-weiß gezeichnet wird, droht Unheil. Darum sagt Jesu so nüchtern: „Nein! Sonst reißt ihr zusammen mit dem Unkraut auch den Weizen aus.“

Macht es also wie Gott: Habt Geduld miteinander, übt Nachsicht, seid mild und barmherzig. Aber das verlangt viel Mut und innere Stärke. Deswegen heißt es im Buch der Weisheit (1. Lesung): "Weil du - Gott - über Stärke verfügst, richtest du in Milde und behandelst uns mit großer Nachsicht ... Durch solches Handeln hast du dein Volk gelehrt, dass der Gerechte menschenfreundlich sein muss.“ So können wir dann auch einander mit unseren Schwächen annehmen, ohne diese Schwächen gut heißen zu müssen.

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